Arbeitgeber investieren häufig in die Fortbildung ihrer Mitarbeitenden – aus gutem Grund, denn Sie möchten, dass die erlangten Qualifikationen dem Unternehmen zugutekommen. Rückzahlungsklauseln sollen sicherstellen, dass Mitarbeitende dem Betrieb nach Abschluss der Fortbildung solange verbunden bleiben, dass sich die Investition in die Ausbildung des Arbeitnehmers rentiert. Doch Rechtsprechung und Gesetz setzen klare Grenzen – zu lange Bindungen oder unklare Regelungen führen zur Unwirksamkeit.
Die Fortbildung muss einen persönlichen Nutzen für den Arbeitnehmer bringen—etwa zur beruflichen Qualifikation, höheren Vergütung oder besseren Einsatzmöglichkeiten auch im Rahmen der Tätigkeit für künftige Arbeitgeber. Fortbildungen, die dem Arbeitnehmer nur innerhalb des Unternehmens nutzen, dass die Fortbildung finanziert hat berechtigen den Arbeitgeber nicht dazu den Mitarbeiter nach Abschluss der Ausbildung für längere Zeit an das Unternehmen zu binden.
Die Bindungsdauer muss in proportionalem und vor allem angemessenen Verhältnis zur Fortbildungsdauer stehen und darf die Berufsfreiheit (Art.12 GG) nicht übermäßig einschränken.
Typische Rechtsprechungs-Faustformel (BAG – 14.01.2009, 3 AZR 900/07):
Fortbildungsdauer: | zulässige Bindungsdauer: |
bis zu 1 Monat | bis 6 Monate |
bis zu 2 Monate | bis 12 Monate |
3–4 Monate | bis 24 Monate |
6–12 Monate | bis 36 Monate |
mehr als 24 Monate | bis 60 Monate (Höchstgrenze) |
Zu beachten ist, dass es sich bei den genannten Werten um Höchstwerte handelt, die zudem nur dann in Betracht kommen, wenn der Mitarbeiter während der Fortbildung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird. Bei zu langer Bindung ist die Klausel vollständig unwirksam – eine automatische Reduzierung ist ausgeschlossen (§ 305 ff. BGB) . Ggf. kann das Gericht dann per ergänzender Vertragsauslegung eine zulässige Dauer festlegen.
Klauseln gelten als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und unterliegen strenger Inhaltskontrolle. Mehrdeutige oder intransparente Formulierungen führen zur Unwirksamkeit
Daher muss für den Arbeitnehmer eindeutig erkennbar sein, welche Kosten diese im Falle eines vorzeitigen Arbeitgeberwechsels zurückzuzahlen hat. Lehrgangsgebühren, eine etwaige Lohnfortzahlung während Freistellung für die Lehrgangsteilnahme, Fahrt‑, Übernachtungs- und Verpflegungskosten etc. müssen in der Fortbildungsvereinbarung zumindest der Größenordnung nach angegeben werden.
Dabei gehen die Arbeitsgerichte jedoch davon aus, dass an die Genauigkeit keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen. Arbeitgeber müssen die Kosten also nur insoweit angeben, wie diese vor Fortbildungsbeginn auch realistisch abschätzen können. Ausreichend ist danach z.B. die Angabe von Informationen, wie sich die Höhe der ggf. zurückzuzahlenden Kosten berechnet – idealerweise mit konkreten Zahlen oder nachvollziehbarer Formel.
Dies gilt z.B. für Fahrkosten zum Ausbildungsort, die der Mitarbeiter mit seinem PKW zurücklegt und die vom Arbeitgeber erstattet werden. Ausreichend und zugleich erforderlich wäre z.B. eine Formulierung „…. Ausbildungstage x ….. km Fahrtstrecke x ….. € Kostenerstattung je Kilometer“.
Darüber hinaus ist anzugeben, wann und ggf. in welchen Raten eine Rückzahlung zu erfolgen hat.
d.) Differenzierung nach Beendigungsgründen
Die Arbeitsgerichte gehen ferner davon aus, dass die Rückzahlung nicht pauschal bei jeder Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt werden darf.
Zulässig ist Rückzahlungspflicht bei eigenverantwortlicher Kündigung durch den Arbeitnehmer selbst, wenn zuvor ein geldwerter Vorteil bestand und Bindungsdauer angemessen war sowie dann, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus verhaltensbedingten Gründen des Arbeitnehmers kündigt, also dann, wenn der Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen hat.
Unzulässig ist Rückforderung dann, der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis personenbedingt oder betriebsbedingter Kündigung, bei unverschuldeter Krankheit des Arbeitnehmers.
Vertragsklauseln in Rückzahlungsvereinbarungen, die zwischen den verschiedenen Beendigungsvarianten nicht unterscheiden sind unwirksam und haben zur Folge, dass eine Rückzahlung nicht verlangt werden kann.
Das Bundesarbeitsgericht hat zudem klargestellt (Az.9AZR260/21, 01.03.2022), dass eine Rückzahlungspflicht seitens des Arbeitgebers nicht geltend gemacht werden kann, wenn der Arbeitnehmer unverschuldet und dauerhafter an der Leistungserbringung gehindert ist. In einem solchen Fall ist der Arbeitnehmer zur Kündigung des Arbeitsvertrages berechtigt, ohne eine Rückzahlungspflicht fürchten zu müssen.
„Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, sich an den Fortbildungskosten ggf. auch anteilig zu beteiligen, wenn er durch Eigenkündigung aus dem Unternehmen ausscheidet oder der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis durch verhaltensbedingte Kündigung beendet. Eine Pflicht zur Erstattung der Fortbildungskosten besteht nicht, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis personenbedingt aufgrund einer unverschuldeten Krankheit Arbeitnehmers oder aus betriebsbedingten Gründen kündigt.“
„Im Fall einer Rückzahlung vermindert sich der zu erstattende Betrag nach Abschluss der Fortbildung für jeden Monat, in dem das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird um ……..“
„Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Bindungsdauer ist der volle Betrag zu erstatten.“ (Viele Gerichte lehnen pauschale Rückzahlungsverpflichtung ab.)
„Rückzahlung gilt unabhängig vom Kündigungsgrund.“ (Keine Differenzierung nach Sphäre.)
„Die Fortbildungskosten betragen X Euro.“ (Die Fortbildungskosten sind nicht transparent aufgeschlüsselt.)
Bindungsdauer nach Abschluss der Ausbildung: 5 Jahre; Fortbildungsdauer: 2 Wochen. (Offenbare Unverhältnismäßigkeit.)
✅ Für Arbeitgeber:
✅ Für Arbeitnehmer:
Sie benötigen eine Ersteinschätzung zu Ihrem konkreten Fall oder möchten einen persönlichen Termin in unserer Kanzlei in Hannover vereinbaren - rufen Sie mich an unter 0511 /261437‑0 oder schreiben Sie über das Kontaktformular – wir besprechen Ihr Anliegen noch heute unverbindlich.