Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt „Zweiten Weg“ – kirchliche Unternehmen können Streiks auch in Tarifverträgen ausschließen

Paragraphenzeichen als Symbol für Gerichturteil oder RechttippDas Grundgesetz gewährt Kirchen in Verbindung mit ergänzenden Regelungen aus der Weimarer Reichsverfassung einen Sonderstatus und ein darauf basierendes Selbstbestimmungsrecht. Dieses schließt im Regelfall Arbeitskampfmaßnahmen wie Streiks aus.  Das BAG hatte im Rahmen einer aktuellen Entscheidung zu beurteilen, ob diese Sonderstellung auch heute noch Bestand hat.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt machte der zuständige Arbeitgeberverband die Aufnahme von Tarifverhandlungen mit der zuständigen Gewerkschaft vom vorherigen Abschluss eines Grundlagentarifvertrages abhängig, der insbesondere vorsehen sollte, dass Streiks unzulässig seien und im Konfliktfall eine Schlichtungsstelle unter dem Vorsitz eines unparteiischen Schiedsrichters  entscheiden soll (sog. „Zweiter Weg“). Die Arbeitnehmerseite lehnte dies ab und führte in einem zum Arbeitgeberverband gehörenden diakonischen Krankenhaus einen Streik durch, der zuvor durch das Arbeitsgericht Hamburg rechtskräftig erlaubt worden war.

Im Rahmen der vom Arbeitgeberverband später durchgeführten Unterlassungsklage, die das BAG zu entscheiden hatte, bestätigte dieses die künftige Anwendbarkeit des „Zweiten Wegs“. Zwar kollidiere bei Arbeitskampfmaßnahmen das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen mit dem gleichwertigen Koalitionsrecht der Gewerkschaften aus dem Grundgesetz (Artikel 9 Abs. III GG). Dieser Konflikt war im konkreten Fall jedoch dadurch zu lösen, dass die Rechte der Gewerkschaft ausnahmsweise zurücktreten mussten. Zwar könnten sich Gewerkschaften koalitionsmäßig im Rahmen des „Zweiten Weges“ in kirchlichen Unternehmen betätigen, Tarifverträge abschließen und Arbeitskampfmaßnahmen durchführen. Der Arbeitgeberseite stehe jedoch auch künftig das Recht zu, den Abschluss eines Tarifvertrages vom vorherigen Ausschluss des Streikrechts und der Anwendung des „Zweiten Weges“ abhängig zu machen.

BAG, Urteil vom 20.11.2012, Az.: 1 AZR 611/11

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