Innerhalb der meisten Arbeitsverhältnisse ist es üblich, dass erkrankte Arbeitnehmer erst am dritten Krankheitstag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Hausarztes vorlegen müssen. Diese Vorgehensweise entspricht dem gesetzlichen Normalfall, wie er im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) geregelt ist. Vielen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist dabei aber nicht bewusst, dass es das Entgeltfortzahlungsgesetz dem Arbeitgeber ermöglicht, eine solche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch schon früher zu verlangen.
Das Bundesarbeitsgerichts (BAG) hatte über die Klage einer Arbeitnehmerin zu entscheiden, die zunächst eine Dienstreise beim Arbeitgeber beantragt hatte und sich nach Ablehnung des Antrags an dem entsprechenden Tag krank meldete. Der Arbeitgeber forderte die Arbeitnehmerin daher für die Zukunft auf, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bereits ab dem ersten Tag vorzulegen, wogegen die Arbeitnehmerin klagte. Sie vertrat die Auffassung, dass der Arbeitgeber nur dann berechtigt sei, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem ersten Tag zu fordern, wenn dies in einem Tarifvertrag vorgesehen ist oder der Arbeitgeber Grund zu der Annahme hat, dass der Arbeitnehmer die 3-Tagesfrist missbraucht.
Das BAG folgte dieser Rechtsauffassung nicht und betonte stattdessen vielmehr, dass die im EFZG vorgesehene Regelung die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits ab dem ersten Krankheitstag fordern zu können, an keine weitern Voraussetzungen geknüpft ist und dieses Recht nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn ein Tarifvertrag einen Ausschluss ausdrücklich vorsieht.
BAG Urteil v. 14.11.2012, Az.: 5 AZR 886/11