Werden Kinder oder Jugendliche in einer Jugendhilfseinrichtung durch Mitarbeiter misshandelt und informiert die zuständige Vorgesetzte unverzüglich die Geschäftsleitung, so rechtfertigt dies nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in der Regel nicht die Kündigung der vorgesetzten Mitarbeiterin wegen Pflichtversäumnissen.
In dem entschiedenen Fall sollten die jeweiligen Betreuer bei aggressiven Jugendlichen ein abgestuftes Belohnungs- und Bestrafungssystem anwenden. Im Rahmen dessen kam es durch die Betreuer zu erheblichen Übergriffen und Misshandlungen gegenüber den Kindern und Jugendlichen. Diese Übergriffe waren der Dienstvorgesetzten nicht bekannt.
Dessen ungeachtet kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis der dienstvorgesetzten Mitarbeiterin fristlos sowie hilfsweise ordentlich.
Begründet wurde dieser Schritt seitens der Arbeitgeberin damit, dass die vorgesetzte Mitarbeiterin ihre Kontrollpflichten verletzt und somit eine Verhinderung des Betreuerverhaltens versäumt habe. Zudem vertrat die Arbeitgeberin die Auffassung, dass die Mitarbeiterin die Geschäftsleitung nicht unverzüglich informiert habe.
Das Gericht begründete die Rechtswidrigkeit der Kündigung damit, dass durch die Arbeitgeberin eine verspätete Meldung der Vorfälle nicht nachgewiesen werden konnte. Zwar sei es möglich gewesen, dass die Arbeitnehmerin ihre Kontrollpflichten verletzt habe, dies könne im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses jedoch offen bleiben, da auch ein unterstelltes Kontrollversäumnis die Arbeitgeberin nur zu einer Abmahnung, nicht aber zu einer Kündigung berechtigt hätte.
LAG Düsseldorf Urteil v. 15.02.2011; Az.: 16 Sa 1016/10