Haftung ehrenamtlicher Vereins- und Stiftungsvorstände

Vereine und Stiftungen sind der zunehmenden Anzahl von Kapitalgesellschaften (insbesondere der gGmbH) die vorherrschenden Rechtsformen im Bereich der freien Wohlfahrtspflege. Dabei sind die jeweiligen Träger in hohem Maße auf das Engagement von ehrenamtlichen Mitarbeitern, gerade auch in den Vereins- und Stiftungsorganen angewiesen. Die tägliche Praxis zeigt, dass sich gerade ehrenamtliche Vereins- und Stiftungsvorstände oft nicht der Risiken bewusst sind, die mit der Übernahme eines solchen Amtes einhergehen.

 

Zwar hat der Gesetzgeber anlässlich einer Ende 2009 erfolgten Gesetzesänderung die Haftungsrisiken für Vereins- und Stiftungsorgane reduziert, um das ehrenamtliche Engagement der Bürger zu fördern, eine vollständige Freizeichnung ist hierbei jedoch nicht erfolgt.

 

1. Privilegierter Personenkreis

Das in § 31a des Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelte Haftungsprivileg sieht vor, dass die Vorstände eingetragener rechtsfähiger Vereine nur noch für grob fahrlässig oder vorsätzlich verursachte Schäden haften, sofern sie ehrenamtlich tätig sind oder eine Vergütung von maximal 500 € pro Jahr erhalten. Eine Haftung für leicht fahrlässig verursachte Schäden wurde mithin ausgeschlossen. Über § 86 BGB findet diese Vorschrift auf Stiftungen entsprechende Anwendung mit der Folge, dass auch für diese die nachfolgenden Ausführungen gelten.

Die Vergütungsgrenze von 500 € jährlich entspricht dabei dem Steuerfreibetrag gemäß § 3 Nr. 26a Einkommenssteuergesetz (EStG). Nicht zu berücksichtigen sind alle durch Einzelbelege nachweisbaren Auslagen, z.B. Kosten für Büromaterial, Portokosten, Fahrtkosten etc. Bei pauschaler Erstattung der Auslagen muss gegenüber dem Finanzamt jedoch gegebenenfalls nachgewiesen werden, dass die erstatteten Auslagen die 500 €-Grenze nicht übersteigen, da dies anderenfalls zu einer verdeckten Vergütung für Arbeits- und Zeitaufwand des Vorstandsmitglieds führen würde.

 

2. Grenzen der Haftungsprivilegierung

In der Praxis dürfte für die Anwendung des § 31a BGB insbesondere die Frage von Bedeutung sein, ob das zum Schaden führende Fehlverhalten des Vorstands noch als leicht fahrlässig einzustufen ist mit der Folge, dass eine persönliche Haftung ausscheidet oder ob der Grad der leichten Fahrlässigkeit bereits überschritten ist und der Vorstand nicht mehr in den Genuss der Haftungsprivilegierung kommt.

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Vorstandsmitglieder nicht nur für unmittelbar durch sie selbst begangene Pflichtverletzungen haften, sondern mitunter auch dann, wenn ein anderer Mitarbeiter einen Schaden verursacht hat und dies durch geeignete Maßnahmen des Vorstands hätte verhindert werden können. Diese als Organisationsverschulden bezeichnete Haftung hat ihre Ursache darin, dass die Vereinsorgane im Rahmen ihrer Tätigkeit dazu verpflichtet sind, die Arbeitsabläufe innerhalb eines Vereins so zu organisieren und zu strukturieren, dass der Arbeitsablauf bei gewöhnlichem Verlauf nicht bereits selbst zur Ursache eines Schadens wird.

Soweit z.B. Kosteneinsparungen im Personalbereich mit ursächlich für einen Schaden sind (z.B. für die Verletzung eines Bewohners) stellt sich daher die Frage, ob dies ein nur leicht fahrlässiges Verschulden des Vorstandes begründet, obgleich diesem die Personalunterdeckung bekannt war oder ob hier bereits grobe Fahrlässigkeit gegeben ist. Die Beantwortung dieser Frage durch ein Gericht dürfte im konkreten Einzelfall daher das größte Risiko für den Vorstand begründen.

 

3. Innen- und Außenhaftung

§ 31a BGB sieht sowohl eine Innenhaftung des Vorstands gegenüber dem Verein vor (Absatz 1), als auch eine Außenhaftung gegenüber dem Geschädigten (Absatz 2), wobei die bereits erwähnte Haftungsprivilegierung nur im ersten Fall eingreift.

Nimmt also ein Geschädigter den Verein selbst auf Schadensersatz in Anspruch, so kann dieser sich bei dem jeweiligen Vorstand schadlos halten, sofern diesem ein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten vorgeworfen werden kann (Innenhaftung des Vorstands). Der Vorstand haftet also für einen leicht fahrlässig verursachten Schaden gegenüber dem Verein nicht.

Nimmt hingegen der Geschädigte den Vorstand persönlich und unmittelbar in Anspruch (Außenhaftung), so haftet der Vorstand zunächst auch für leicht fahrlässig verursachte Schäden, da die Haftungsprivilegierung nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zu einer Benachteiligung des Geschädigten führen soll. Anschließend steht dem Vorstand jedoch bei nur leicht fahrlässiger Pflichtverletzung ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Verein zu, so dass er auch in diesem Fall nicht für leichte Fahrlässigkeit haftet.

Vordergründig kommen beide Varianten also zunächst zu identischen Ergebnissen. Unterschiede können sich jedoch dann ergeben, wenn das schädigende Verhalten des Vorstands zugleich zur Insolvenz des Vereins führt oder zumindest mit einer Insolvenz zusammen trifft.

Liegt danach ein leicht fahrlässiges Verhalten des Vorstands vor, so trägt der Verein den Schaden selbst, sofern er von dem Geschädigten in Anspruch genommen wird, da aufgrund der leichten Fahrlässigkeit kein Erstattungsanspruch gegenüber dem Vorstand besteht.

Wird hingegen nicht der Verein, sondern der Vorstand persönlich von dem Geschädigten für eine leicht fahrlässige Pflichtverletzung in Anspruch genommen, so kann er sich bei Insolvenz des Vereins den Schaden nicht erstatten lassen, da der Verein zahlungsunfähig ist. Im Ergebnis läuft der Erstattungsanspruch des Vorstands also trotz nur leicht fahrlässiger Pflichtverletzung ins Leere. Innen- und Außenhaftung kommen hier also zu Lasten des Vorstands zu verschiedenen Ergebnissen.

 

4. Ausnahmen

den zuvor beschriebenen Grundsätzen gibt es einige Ausnahmen. So findet das Haftungsprivileg keine Anwendung bei Verletzung von Sozialversicherungspflichten, bei Steuerschulden sowie bei Verletzung von Pflichten im Zusammenhang mit einer Insolvenz des Vereins. Vorstände haften hier also generell auch bei nur leicht fahrlässiger Pflichtverletzung.

 

5. Fazit

Obgleich die gesetzliche Neufassung zu begrüßen ist, bestehen für Vereinsvorstände nach wie vor Haftungsrisiken, die sich nicht zuletzt aus der unscharfen Abgrenzung von leichter und grober Fahrlässigkeit ergeben. Eine Vorstandstätigkeit sollte daher nur von Personen übernommen werden, die die mit dem Amt verbundenen Aufgaben aufgrund ihrer Qualifikation sachgerecht überblicken können. Dabei sollte in der täglichen Arbeit ein Hauptaugenmerk darauf gerichtet werden, dass die im Verein vorhandenen Organisationsstrukturen so ausgestaltet werden, dass das Risiko einer Haftung für ein Organisationsverschulden weitestgehend minimiert werden kann.